So ein Aquarium das auf einem Unterschrank steht ist im Regelfall höher als breit und sieht doch etwas instabil aus. Fast wie eine Säule, von der Seite betrachtet. Da macht man sich schon mal Gedanken ob das Dingens sicher steht und nicht die Gefahr besteht, dass es kippen könnte.
Kippsicherheit eines Aquariums
Nun, das kann man relativ leicht prüfen. Es gibt da den schönen Begriff der Kippsicherheit.
Die Kippsicherheit
Die Kippsicherheit ist definiert als Quotient von Standmoment zu Kippmoment.
Sk=Ms/Mk
Das klingt zwar logisch aber gleichzeitig irgendwie undurchschaubar und kompliziert.
Keine vorschnelle Angst, es ist ganz einfach.
Das Standmoment
Das Standmoment errechnet sich als Produkt aus Gewichtskraft und dem horizontalen Abstand vom Schwerpunkt zur Außenkante der Bodenauflage.
Ms = Fg * a
Ein Aquarienunterschrank hat üblicherweise etwa dieselbe Breite wie das Aquarium und dieses steht mittig auf dem Schrank. Der Schwerpunkt liegt somit ebenfalls mittig. Da können wir die halbe Aquarienbreite als horizontalen Abstand “a” ansetzen.
Das Gewicht der gesamten Aquarienkombination kann man mit ausreichender Genauigkeit abschätzen, indem man das Volumen des Aquariums ( in Kubikdezimeter) aus den bekannten Abmessungen L*B*H (in Dezimeter) bestimmt und mit dem Erfahrungswert von etwa 30% für diverse Einbauten und Unterschrank beaufschlagt. Die Dichte von Wasser beträgt bekanntlich 1 kg/dm3 weshalb der Zahlenwert des Volumens in dm3 dem Gewicht in kg entspricht.
Das Kippmoment
Das Kippmoment Errechnet sich als Produkt der (möglichen) seitlichen Kippkraft und dem vertikalen Abstand vom Boden bis zum Angriffspunkt dieser Kippkraft.
Mk=Fk*h
Realistisch kann man annehmen, dass eine allfällige Seitenkraft auf halber Aquarienhöhe angreift. Wenn man sich beispielsweise beim Wasserwechsel gegen das Aquarium lehnt.
Sk=(Fg*a)/(Fk*h)
So lange die Kippsicherheit Sk > 1 ist steht das Aquarium im stabilen Gleichgewicht.
Stabil deswegen, weil zum Kippen der Schwerpunkt angehoben werden muss. Bei Sk=1 spricht man von einem indifferenten bzw labilen Gleichgewicht. Hier genügt bereits ein kleiner Anstoß zum endgültigen Kippen.
Nun ist die kippende Seitenkraft aber eine unbekannte Größe und wir können die Kippsicherheit so nicht ermitteln. Was wir aber können ist das Rückrechnen auf eine maximal mögliche Kippkraft.
Fk=(Fg*a)/(h*Sk)
Alle möglichen Konstellationen können wir natürlich nicht betrachten, wir beschränken uns auf ein Beispiel.
Beispiel
Um realistische Zahlen für eine Beispielrechnung zu erhalten nehmen wir die Maße eines Aquariums mit Unterschrank Typ Rio180 eines bekannten Herstellers. Dieses hat die Maße 1010*410*500mm, der Unterschrank hat die gleiche Grundfläche von 1010*410mm und ist 730mm hoch. Diese Kombination ist in der Skizze maßlich beschrieben.
Das volle Aquarium
Eine Kippsicherheit von Sk=1 wäre der Grenzfall bei dem das Kippen beginnen würde. Wir streben aber einen sicheren Stand an und nehmen die Kippsicherheit mit Sk=1,5 an.
Fg=10,1*4,1*5*1,3=269 kg
Fk=(269kg*205mm)/(980mm*1,5)=37,5 kg
Um eine volle Aquarienkombination Rio180 umzukippen müsste man also mit mehr als 37 kg gegen die Vorderscheibe des Aquariums drücken. Schaffen sie das?
Selbst dann hätten wir noch 50% Sicherheit.
Diese Kombination ist also mit mehr als ausreichender Sicherheit kippsicher – in vollem Zustand.
Das leere Aquarium
Im leeren Zustand schaut die Sache anders aus, weil das Gewicht wesentlich geringer ist. Hier rechnen wir mit
Fg=10,1*4,1*5*0,3=62 kg
was auch in etwa den Herstellerangaben entspricht
Mit Sicherheitsbeiwert:
Fk=(62kg*205mm)/(980mm*1,5)=8,6 kg
Ohne Sicherheit:
Fk=(62kg*205mm/(980mm*1)=13 kg
Ein leere Aquarienkombination könnte man also theoretisch mit Anstrengung wohl umkippen.
Könnte man – wenn das Glasbecken nicht vorher wegrutscht.
„Kräfte treten immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B eine Kraft aus (actio), so wirkt eine gleich große, aber entgegen gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A (reactio).“ Sagt uns das dritte Newtonsche Gesetz.
Der Kippkraft entgegengesetzt ist die Reibungskraft zwischen Glasbecken und Unterbau sowie zwischen Unterbau und Boden. Die Reibung rechnet sich
Fr=Fg*µ
Die Reibungszahl µ hängt ab von den Werkstoffen und der Oberflächenbeschaffenheit der Reibfläche. In unserem Fall sollte µ=0,3 realistisch sein. Relevant ist hier die Reibung zwischen Glas und Unterbau, weil das Glasbecken leichter ist als die Gesamtkombination.
Fg=31kg
Fr=31kg*0,3=10kg < Fk=13 kg
Fr
Updated 15. November 2020 by KRH